Beitragvon DD1LAR » 04.03.2010, 09:38
„Keine Alibis mehr, das sind Endspiele für uns“
Den Dresdner Eislöwen steht in der 2. Bundesliga das bisher brisanteste Wochenende bevor.
Von Berthold Neumann
Es knistert beim Training der Eislöwen: Jeder Dresdner versucht noch konzentrierter zu arbeiten, die Anspannung steigt täglich. Die Saison-Planer haben das vorletzte Vorrunden-Wochenende zum Scharfrichter für die Dresdner in der 2. Eishockey-Bundesliga werden lassen. „Da gibt es keine Alibis mehr, das sind Endspiele für uns“, sagte Torhüter Kellen Briggs. „Wir können es noch in die Pre-Play-offs schaffen“, ist der US-Amerikaner überzeugt. Auf die sonst fälligen Playdowns mit Zittern vor dem Abstieg habe kein Eislöwe einen Bock. Morgen kommt der um einen Punkt bessere Rivale Bremerhaven zum direkten Duell um den Klassenerhalt in die Landeshauptstadt. Mit einem Sieg könnten die Dresdner die Abstiegsrunden-Zone verlassen. Und am Sonntag muss beim wohl wichtigsten Sachsen-Derby der letzten Jahre bei den Lausitzer Füchsen auch gepunktet werden. Doch den Begriff „Überlebenskampf“ mag der Eislöwen-Trainer nicht. „Das hört sich alles dramatischer an, als es ist“, sagte Thomas Popiesch und fügte hinzu: „Freilich sind das schon Partien mit Endspiel-Charakter, aber wir haben danach noch zwei Begegnungen.“ Der 44-Jährige ist mehr denn je als Psychologe gefragt – erst recht beim ruppigen Alles-oder-Nichts im Abstiegskampf. „Wir haben mit sechs Spielern im Alter unter 20 Jahre eine der jüngsten Mannschaften in der Liga“, sagte er und meint damit: Der immense Druck des Gewinnen-Müssens darf seine jungen Spieler nicht zu Fehlern verleiten. Aber haben er und Manager Steffen Ziesche nicht selbst ihr Team geschwächt, als sie sich ausgerechnet von zwei mit allen Wassern gewaschenen Routiniers trennten? Kapitän Stefan Mann und der Kanadier Jason Miller mussten ihren Spind im Januar räumen. „Ich bin nach wie vor hundertprozentig von diesem Schritt überzeugt“, sagte Popiesch, ohne Gründe zu nennen. „Das sind Interna.“ Manager Ziesche will sogar eine „positive Reaktion der Mannschaft“ auf den Rauswurf der beiden erkannt haben: „Die Stimmung ist besser geworden.“ Die Punkte-Ausbeute indes kaum: In den zehn Partien danach holten die Dresdner nur elf Zähler. Popiesch, der durch den Halbfinal-Einzug mit den Lausitzer Füchsen 2009 mit viel Vorschusslorbeer nach Dresden kam, hat bei einem Teil der Eislöwen-Fans Kredit verspielt. Jüngste Unmuts-Rufe in der eigenen Halle hat er registriert. „Das sind Begleiterscheinungen für einen Trainer. Wenn die Ergebnisse nicht stimmen, so wie es bei uns war, muss ich damit leben“, räumte der 44-Jährige ein. Eine ungewohnt selbstkritische Reflexion für einen, der in der Vergangenheit mitunter dünnhäutig auf Kritik reagierte.
Glückwunsch an Weißwasser
In Weißwasser darf es zu keinem zweiten Waterloo wie bei der letzten 0:5-Klatsche für die Dresdner kommen, weiß Popiesch. Um die brisante Derby-Stimmung zu entkrampfen, schickt er seinem Nachfolger Dirk Rohrbach schon einmal eine dicke Glückwunsch-Adresse zum vorzeitigen Klassenerhalt der Lausitzer. „Dass die Füchse dies geschafft haben, ist aller Ehren wert. Sie haben eine sehr gute Mannschaft und spielen energisch“, lobte Popiesch den Ex-Verein. Ob dies die Lausitzer, die am Dienstag Gast des Deutschen Meisters Eisbären Berlin waren, fürs Derby milder stimmt? „Nein, schon der Gedanke daran wäre absurd“, sagte Popiesch und erwartet: „Sie werden uns nichts schenken, und wir wollen uns die Punkte auch allein erkämpfen.“