Wieso die Mini-Eislöwen in Tschechien spielen
Von Alexander Hiller
Die Dresdner Eishockey-Talente Gregory Saakyan (vorn) und Jakob Bopp (l.) stiefeln hier beim VNG-Cup den Kontrahenten eifrig davon. Durch die Eingliederung in die nordböhmische Liga haben die Bambinis und Kleinschüler in nur einem Jahr große Fortschritte gemacht. Foto: Steffen Unger
Nach dem schnellsten Mannschaftssspiel der Welt sieht das noch nicht aus, was die Kleinschüler des ESC Dresden da am Wochenende beim eigenen VNG-Cup aufs Eis brachten. Das wäre von den neun- bis elfjährigen Kids auch etwas viel verlangt. Allerdings haben die Dresdner für sich offenbar einen Weg gefunden, wie sie ihren Eishockey-Nachwuchs optimaler fordern und fördern. Dieser Weg führt über Ländergrenzen hinaus.
Seit dieser Saison lässt die Nachwuchs-Abteilung des Zweitligisten Dresdner Eislöwen zwei Mannschaften – die Bambinis und die Kleinschüler – in der nordböhmischen Liga mitspielen. „Bei diversen Turnieren sind wir natürlich auch mit vielen anderen Teams – zum Beispiel aus Nordamerika – ins Gespräch gekommen, was die denn eigentlich so viel anders machen als wir Deutschen. Das Ergebnis war relativ simpel – die lassen ihre Kinder viel mehr spielen als wir“, sagte Pit Seifert. Deshalb setzte sich der Nachwuchs-Chef der „Jungen Wilden“ mit seinen verantwortlichen Trainern zusammen und suchte nach neuen Möglichkeiten. Die fanden sich kaum 50 Kilometer von Dresden – hinter der tschechischen Grenze. Dort wird von Usti aus die nordböhmische Liga gesteuert. „Wir haben einen entsprechenden Antrag beim dortigen Kreisverband eingereicht. Das war sehr unkompliziert. Wir sind sehr angenehm und freundlich aufgenommen worden“, sagte Seifert.
Abteilung investiert zusätzlich
Nun haben die Nachwuchsspieler der Eislöwen 26 Ligaspiele mehr in den Beinen. In der ostdeutschen Meisterschaft treten die Dresdner parallel zur nordböhmischen Liga weiter an. „Wir hätten sonst nur noch die Chance gehabt, weitere Turniere in Deutschland zu besetzen. Aber davon gibt es für diese Altersstufen sehr wenige, und außerdem wäre Kosten- und Zeitaufwand enorm“, erklärt Pit Seifert. Für die Partien nach Tschechien fahren die Sachsen meist weniger als eine Stunde, der längste Anreiseweg dauert 150 Minuten.
Da die Dresdner für die nordböhmische Liga einen zusätzlichen Aufwand zu bisherigen Ausbildungsabläufen betreiben, müssen sie natürlich zusätzlich Geld investieren. „Etwa 10000 Euro macht das aus“, sagt der Nachwuchs-Chef. Das funktioniert einerseits über zusätzliche Sponsoren. „Wir mussten aber auch das erste Mal seit vier, fünf Jahren den Mitgliedsbeitrag anheben. Der ist aber in sehr moderatem Rahmen“, betont Seifert.
Die spürbaren Verbesserungen der kleinen Puckjäger bestätigen die Dresdner Macher allerdings auf ihrem Weg. „Die Jungs werden immer besser, sowohl spieltaktisch, konditionell als auch von der Schlittschuhtechnik her“, sagt Robert Zimmermann, Trainer der Dresdner Kleinschüler. Der 29-Jährige macht die rasante Entwicklung an einfachen Beispielen fest. „Vor einem Jahr bekamen wir gegen den Nachwuchs der Eisbären Berlin noch richtig auf die Mütze, mussten 16 bis 20 Gegentore hinnehmen. Jetzt halten wir uns gegen die gleiche Mannschaft locker im einstelligen Bereich, können gegen einige Teams von großen Vereinen sogar mithalten und auch mal gewinnen“, sagt er. Der Trainer kann durch den doppelten Spielbetrieb jedem Talent auch mehr Spielanteile gewähren. Zimmermanns Team kam in der eben beendeten Saison der nordböhmischen Liga auf den Rang zwei. Eine Altersstufe tiefer bei den Bambinis sind Ergebnisse und Tabellen Schall und Rauch. „Damit will man vermeiden, dass Trainer schon in diesen Altersregionen ergebnisorientiert denken und die Mannschaft dementsprechend aufstellen. Das wäre für die Ausbildung des Einzelnen nicht förderlich“, sagte Dresdnens Bambini-Trainer Thomas Barth.
Das erfolgreiche Projekt wollen die Dresdner auch in der kommenden Spielzeit fortsetzen. „Darum beneiden uns viele, selbst die Eisbären aus Berlin. Ich kann es nur jedem sächsischen Verein empfehlen, über diese Möglichkeit nachzudenken“, berichtet Pit Seifert. Die Dresdner hoffen allerdings, dank dieses Vorteils langfristig die Nummer eins im sächsischen Eishockey zu werden. Durch den Standortvorteil in unmittelbarer Nähe zu Tschechien ergeben sich Möglichkeiten, die sich nicht nur auf den Spielbetrieb begrenzen. „Es entstehen viele Kontakte und Kooperationen. Wir werden künftig auch viele Trainingslager in Tschechien absolvieren“, bestätigte Seifert.
Eltern sind wichtiger Baustein
Ein wichtiger Baustein dieses risikoreichen Projektes ist die aufopferungsvolle Unterstützung fast der gesamten Elternschaft. „Viele davon sind fast so eine Art Mannschaftsleiter. Im Winter opfern dafür viele ihre Wochenenden. Was die Eltern leisten, ist immens“, lobte Robert Zimmermann. Antriebsfeder für das ehrgeizige Projekt ist auch der Wille und eigene Anspruch, „dass wir in fünf, sechs Jahren gut ausgebildete Leute aus den eigenen Reihen in den Kader der Eislöwen integrieren“, sagt Seifert.
http://www.eisloewen.nachwuchs.de
VNG-Nachwuchs-Cup in Dresden: 1. Eisbären Berlin;2. HC Karlovy Vary;3. Kassel Huskies; 5.Dresden
Artikel-URL:
http://www.sz-online.de/Nachrichten/Reg ... id-2425529